Im Gespräch mit Veronika Lagger

Pflegende Angehörige leisten wertvolle Arbeit, indem sie oft 24 Stunden für ihre Liebsten da sind. Das Netzwerk der Caritas, des schweizerischen Roten Kreuzes Kanton Luzern, der Spitex Kantonalverband Luzern sowie der Pro Senectute bieten verschiedene Angebote, um die pflegenden Angehörigen zu entlasten. So können sie durchatmen und neue Kraft schöpfen.

Veronika Lagger ist diplomierte Pflegeexpertin bei Caritas Care und steht in engem Kontakt mit pflegenden Angehörigen. Im Interview haben wir mit ihr über die wertvolle Arbeit von pflegenden Angehörigen gesprochen.

Veronika Lagger, können Sie uns erklären, wie man zu pflegenden Angehörigen wird?

Viele Menschen wünschen sich möglichst lange zu Hause zu leben. Wird jemand aufgrund einer Krankheit, des zunehmenden Alters oder eines Unfalls pflegebedürftig, übernehmen oft Angehörige die Pflege und Betreuung. Angehörige engagieren sich, um diesen Wunsch zu erfüllen. Durch den rasanten medizinischen und pharmakologischen Fortschritt dauern diese Pflegearrangements zunehmend länger.

Welche Aufgaben kommen auf die pflegenden Angehörigen zu?

Die Aufgaben der pflegenden Angehörigen leiten sich im Wesentlichen vom Unterstützungsbedarf der pflegebedürftigen Person ab. Die Dauer und die Intensität sind unterschiedlich. Alltägliche pflegerische Verrichtungen beinhalten beispielsweise die Unterstützung in der Körperpflege, beim Essen und Trinken, bei der Ausscheidung und in der Mobilität. Neben den pflegerischen Tätigkeiten koordinieren pflegende Angehörige den Alltag, übernehmen organisatorische Tätigkeiten wie Arztbesuche terminieren, beschaffen von Medikamenten, regeln administrative Aufgaben und Betreuungsaufgaben.

Wie sehen Sie die Rolle pflegender Angehöriger in der Versorgung pflegebedürftiger Menschen?

Pflegende Angehörige leisten enorme Arbeit. Die grosse Verantwortung und hohe Präsenz bergen das Risiko von Überforderung. Deshalb ist es wichtig, dass es Unterstützungsangebote für die betroffenen Personen gibt. Werden pflegende Angehörige in ihrer Rolle unterstützt und gestärkt, können sie die Verantwortung und Verbindlichkeit wahrnehmen. Die eingespielten Abläufe, Handlungsmuster und die Rolle werden reflektiert. Ihre Kompetenzen, sowohl pflegerisch wie auch in der Persönlichkeit, steigen. Sie fühlen sich in der Rolle wohl und erleben Befriedigung und Sinnerfüllung durch die Tätigkeit.

Warum ist die Unterstützung pflegender Angehöriger so wichtig?

Pflegende Angehörige übernehmen gesellschaftlich eine sehr wichtige Arbeit. Die geleistete Pflege und Betreuung durch Angehörige sind meist informell und unbezahlt. Für pflegende Angehörige selbst wirkt sich das negativ auf ihre finanzielle Situation im Erwerbsalter und auf ihre soziale Absicherung im Rentenalter aus. Viele pflegende Angehörige sind in der Pflege und Betreuung oft allein und isoliert. Ihre Arbeit ist gesellschaftlich und gesundheitsökonomisch wenig anerkannt. Gemäss dem veröffentlichten Bericht des Bundesamts für Gesundheit (BAG) im Jahr 2020 leisten in der Schweiz rund 600’000 Angehörige Pflege- und Betreuungsarbeit. Diese unbezahlte Arbeit geht jedoch mit Erwerbseinbussen und fehlender sozialer Absicherung einher. Diese Situation stellt ein Armutsrisiko dar. Betroffen sind insbesondere Frauen.

Aufgrund der demografischen Entwicklung und der steigenden Lebenserwartung ist davon auszugehen, dass die Anzahl Personen, welche auf Pflege und Betreuung angewiesen sind, zunimmt. Dieser erhöhte Bedarf an Pflegeleistungen ist in Folge des Fachkräftemangels in der Pflege nicht mehr vollständig zu decken. Hier übernehmen die pflegenden Angehörigen gesellschaftlich eine äusserst relevante Aufgabe. Ihre Lebensqualität, Gesundheit und Resilienz ist für diese Tätigkeit von grosser Bedeutung.

Wo können sich pflegende Angehörige Unterstützung holen, um die Energie zu bündeln, in der Balance zu bleiben und Sicherheit zu gewinnen?

Das Netzwerk der Caritas, des Schweizerischen Roten Kreuzes Kanton Luzern, der Pro Senectute sowie der Spitex Luzern bietet verschiedenen Angebote, um die pflegenden Angehörigen zu unterstützen.

So unterstützen wir pflegende Angehörige

Caritas

Caritas Schweiz stellt pflegende Angehörige zu einem Stundenlohn von 35 Franken an und zahlt in die Sozialversicherungen ein. Voraussetzung für die Anstellung und Entschädigung sind, dass Tätigkeiten der Grundpflege geleistet werden. Zudem werden die pflegenden Angehörigen sowie die Klientinnen und Klienten durch eine diplomierte Pflegefachperson fachlich und persönlich unterstützt.

Schweizerisches Rotes Kreuz Kanton Luzern

Um das Wissen und die Befähigung der pflegenden Angehörigen zu erhalten und zu fördern, bietet das Schweizerische Rote Kreuz Kanton Luzern (SRK) ein breites Bildungsangebot zur Kompetenzerweiterung. Dabei geht das SRK auf die individuellen Bedürfnisse der pflegenden Angehörigen ein. Zudem bietet das SRK verschiedene Entlastungsangebote, Beratungen zu Hause, den Rotkreuz-Fahrdienst sowie den Rotkreuz-Notruf.

Pro Senectute

Die Pro Senectute unterstützt die Bezugspersonen mit Coaching. Dadurch werden den pflegenden Angehörigen ihre Belastungssituationen sowie Grenzen bewusst, um Konflikte und Überlastungen zu vermeiden. Das ermöglicht optimale Lösungen für die Bezugspersonen sowie die zu betreuende Person. Weiter werden Alltagshilfen, Treuhand- sowie Mahlzeitendienste angeboten, um alle Beteiligten zu entlasten.

Spitex Kantonalverband Luzern

Um die pflegenden Angehörigen in ihrer wichtigen Arbeit zu unterstützen, bietet die Spitex Kantonalverband Luzern pflegerische und hauswirtschaftliche Leistungen. Dazu gehört zum Beispiel Abklärungen sowie Beratungen in Gesundheitsfragen und Prävention, aber auch Krankenpflege und Haushilfe.